mit einem Interview mit Friedemann Schrenk
Das stille, idyllische Tal der Düssel in der Nähe von Mettmann hatte es dem Dichter und Komponisten Joachim Neander angetan. Hierhin zog er sich zurück, um seine auch drei Jahrhunderte später noch bekannten Kirchenlieder zu ersinnen. Bei den Bewohnern der Gegend war der Talabschnitt bald als Neander-Tal bekannt - und blieb dies auch, nachdem der fromme Dichter im Jahre 1680 mit nur 30 Jahren starb.
Damals war die kirchliche Welt noch in Ordnung. Woher der Mensch kam, war kein Thema - die Bibel ließ daran keinen Zweifel: Der Allmächtige höchstselbst entwarf den menschlichen Bauplan und schuf die ersten beiden Menschen. So blieb der Mensch bis heute unverändert.
Kaum jemand ahnte daher die Tragweite des Fundes, auf den Steinbrucharbeiter im Sommer 1856 in einer Grotte des Neandertals stießen. Die eigentümlichen versteinerten Knochen dürften wohl die Überreste eines verkrüppelten Kosaken aus Attilas Reitertruppe oder eines wilden Kelten sein, glaubte man.
Erst als drei Jahre später Charles Darwins Werk "Über die Entstehung der Arten" für Risse im biblischen Weltbild sorgte, wurde vielen klar, daß es sich um die Gebeine eines Vorläufers der heute lebenden Menschen handelte - nicht mehr Tier, aber auch noch nicht ganz Mensch.
Bis heute ranken sich Mythen und wissenschaftliche Dispute um den NeandertalerWar er ein Vorfahr des heutigen Menschen oder ein bloßer Seitenzweig der Evolution? Geistig minderbemittelt oder intelligent? Stecken seine Gene noch immer in uns Europäern? Und vor allem: warum ist er ausgestorben, obwohl er jahrtausendelang selbst mit den unwirtlichsten Bedingungen im eiszeitlichen Europa bestens zurecht kam?
Der Fund im Neandertal stand am Anfang einer neuen Wissenschaft, die sich mit den fossilen Überresten unserer eigenen Vorfahren beschäftigte, die Paläoanthropologie. Bis heute steht sie vor einem grundsätzlichen Problem.
Friedemann Schrenk:
Die Fundlage für die Interpretation der Menschheitsgeschichte ist drastisch gering. Man hat für vielleicht 100 Generationen statistisch gesehen ein Fragment zur Verfügung, Fragment im Sinne von halber Finger oder viertel Zahn oder so was, also stellen Sie sich vor, sie würden die Geschichte Mitteleuropas schreiben wollen aufgrund einer halben Münze der Römer und aufgrund eines Teils Ihres Mikrofons und aufgrund eines Taschentuchs einer wilhelminischen Dienstmagd - da sehen Sie schon, die Lücken sind viel zu groß.Friedemann Schrenk, stellvertender Direktor des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt, ist einer der wenigen Deutschen, die bei der internationalen Jagd nach menschlichen Fossilien an vorderer Forschungsfront dabei sind. Er weiß, warum spektakuläre Funde so rar sind. Nur unter bestimmten Bedingungen nämlich werden Knochen überhaupt zu Fossilien, und längst nicht überall werden sie durch geologische Prozesse auch wieder freigelegt.
Zwischen den ersten Funden in Europa, Asien und Afrika taten sich daher riesige Lücken auf - zeitliche und geographische. Ein schlüssiges Bild von der Menschheitsgeschichte wollte nicht entstehen. Der menschliche Stammbau wurde mit jedem Fund komplizierter - 22 Vormenschen- sowie 7 Urmenschen-Gattungen wurden auf dem Höhepunkt des Durcheinanders unterschieden, jede von ihnen mit zahlreichen Arten und Unterarten.
Heute kommen die Wissenschaftler bei den Hominiden, den Menschenartigen, mit ganzen zwei Gattungen aus: den Vormenschen vom Typ Australopithecus, und den Urmenschen (und Menschen) vom Typ Homo.
Das Erforschen der menschlichen Geschichte besteht dabei längst nicht mehr nur im Knochensammeln. Ökologen, Paläontologen, Geologen, Zoologen, Verhaltensforscher und Molekularbiologen arbeiten heute gemeinsam an den entscheidenden Fragen unserer Herkunft.
Friedemann Schrenk:
Die beiden Hauptfragen sind in der Paläoanthropologie eigentlich: die Entstehung der Vormenschen, der Australopithecinen auf der einen Seite und dann die Entstehung der Gattung Homo, also unserer eigenen Gattung, vor 2,5 Mio Jahren. Und in beiden Fragen wurden gerade in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte erzielt.
Die Geschichte der Menschheit als Drama in zwei Akten, die zum großen Finale führen: der Entstehung und Entwicklung des Homo sapiens, des modernen Menschen, unserer eigenen Art.
Akt eins. Begonnen hat alles vor etwa 55 Millionen Jahren. Ein kleines, insektenfressendes Säugetier, das einem Spitzhörnchen geähnelt haben mag, eroberte eine neue Nahrungsnische in den Wipfeln der Bäume. Laubwälder begannen gerade die Nacktsamigen Pflanzen zu verdrängen, und die neuen Waldtypen mit ihren blüten- und fruchttragenden Bäumen sorgten für einen stets reich gedeckten Tisch.
In den luftigen Wipfelregionen waren Greifhände und räumliches Sehen wichtig; beides erforderte ein leistungsfähiges Gehirn zur Verarbeitung der Sinnesdaten: die Tiergruppe der Primaten, "Herrentiere", entstand, zu denen heute alle Affen und auch der Mensch gehören. Wann genau sich diese Linien getrennt haben, ist die erste spannende Frage der Paläoanthropologie.
Friedemann Schrenk:
Bei den Australopithecinen gehen wir davon aus, daß sie vor etwa 5 Mio Jahren entstanden sind. Und jetzt ist die Frage, den frühesten gemeinsamen Vorfahren der heutigen Menschenaffen und der heutigen Menschen zu finden. Es ist ja nicht so, daß der Mensch vom Affen abstammt, sondern die heute lebenden Menschenaffen und der Mensch, die haben einen gemeinsamen Vorfahren, vor ungefähr 5, 6 Mio Jahren. Und die Frage ist wo ist der belegbar, wo gibt`s Reste von denen. Die Frage ist immer noch nicht beantwortet, ist immer noch`n Fragezeichen,, aber gerade in den letzten Jahren ist es gelungen, da etwas näher dranzukommen.
Zeitlich eingekreist wurde der letzte gemeinsame Vorfahre nicht von den Fossiliensammlern, sondern von Genetikern. Biochemiker hatten festgestellt, daß sich die Proteine der heute lebenden Affen und Menschen nur zu etwa 5% unterscheiden. Geht man davon aus, daß bei der Weitergabe der genetischen Information von einer Generation auf die nächste stets Fehler in einer etwa gleichbleibenden Rate vorkommen, kann man leicht zurückrechnen, wann ungefähr der letzte gemeinsame Vorfahre gelebt haben muß: vor etwa 5-6 Millionen Jahren.
Als Allan Wilson und Vincent Sarich Ende der Sechziger Jahre diese Hypothese vorstellten, wurden sie von den etablierten Wissenschaftlern ausgelacht. Die meisten Anthropologen nämlich waren seinerzeit felsenfest davon überzeugt, daß die Trennung vor mindestens 15, wenn nicht sogar 30 Millionen Jahren stattgefunden haben müsse. Erst die Funde der siebziger Jahre gaben den Biochemikern recht.
Das älteste bekannte Hominiden-Fundstück war bis dahin der zwei Millionen Jahre alte Kinderschädel von Taung in Südafrika, den Bergarbeiter 1925 gefunden hatten. Der Johannesburger Anatomieprofessor Raymond Dart hatte dem dazugehörigen Vormenschen den Namen Australopithecus africanus- Südaffe aus Afrika - gegeben.
Einen gewaltigen Schritt in Richtung des letzten gemeinsamen Vorfahren sollte die Wissenschaft erst 1974 tun.
Lucy in the Sky with Diamonds / Beatles
"Lucy" verdrehte den Paläoanthropologen die Köpfe. Eine Expedition unter Leitung von Donald Johanson stieß in Äthiopien auf Fossilien, die mindestens eine Million Jahre älter waren als das Kind von Taung. Zwar fehlten 60% der Knochen des Skeletts, aber das Kniegelenk ließ keinen Zweifel daran, daß schon dieses Tier das Bein strecken und damit aufrecht gehen konnte. Australopithecus afarensis wurde es getauft, für seinen populären Namen sorgte der Beatles-Hit, der unablässig während der Präparationsarbeiten im Expeditionszelt dudelte.
In der Folge wurden mehr und mehr Relikte von Lucys Artgenossen gefunden. Auf die wichtigsten stieß Mary Leakey 1979. In den vulkanischen Ablagerungen von Laetoli in Tanzania wurden erstmals Fußspuren von Lucy entdeckt. Da sich Vulkanasche perfekt datieren läßt, war dies der endgültige Beweis, daß der aufrechte Gang vor 3,6 Millionen Jahren bereits voll entwickelt war - weit früher als die Menschen-Forscher bis dahin dachten.
Die Fußspuren waren so perfekt erhalten, daß sich sogar auf die Gangweise zurückschließen ließ. Ihre größte Tiefe haben die Abdrücke an der Außenseite. Das zeigt, daß die Füße nicht wie beim modernen Menschen von der Ferse nach vorn abgerollt wurden. Lucy bewegte sich vielmehr in einer Art Watschelgang, worauf auch schon die Skelettfunde hindeuteten. Zum einen nämlich besaß die Wirbelsäule noch nicht die gleiche Beweglichkeit wie beim heutigen Menschen, zum anderen lag der Körperschwerpunkt im Bauchbereich und nicht im Beckenbereich. Nur durch leicht rotierende Bewegungen im Hüft- und Kniegelenk konnte Lucy auf ihren im Verhältnis zum heutigen Menschen sehr kurzen Beinen vorwärts watscheln - eine kraftraubende Angelegenheit.
Warum aber haben die Hominiden sich überhaupt auf die Hinterbeine gestellt?
Friedemann Schrenk:
Der aufrechte Gang hat natürlich Vorteile in der Savanne, aber das kann nicht der Grund gewesen sein warum er entstanden ist. Die Hypothesen, daß die Australopithecinen in die Savanne gehen und dann über das Gras schauen wollen, und deswegen aufrecht gehen, die sind alle sehr nett, aber sie können nicht stimmen, weil Ursache und Wirkung verwechselt ist. Natürlich hat das später in der Savanne einen Vorteil, aber der Beginn des aufrechten Ganges, der lag nicht in der Savanne, sondern der lag im Wald, im Waldrandgebiet, nämlich da, wo die ursprünglichen Australopithecinen gelebt haben.
Endgültig deutlich wurde das mit dem Fund von Australopithecus anamensis am Turkana See im Jahre 1994. Die Fossilien sind über 4 Millionen Jahre alt, also deutlich älter als Lucy. Und auch sie zeigen deutlich, daß der aufrechte Gang bereits hier voll ausgebildet war.
Friedemann Schrenk:
Wir gehen davon aus, daß die Australopithecinen zu einer Gruppe von Menschenaffen zunächstmal gehört haben, also an ihrem Beginn, die einfach mit einer Fortbewegungsweise am Boden experimentiert haben.... Warum das gemacht wurde ist ne Frage, die wir so nicht beantworten können. Wir können aber sagen, daß es von der Konstruktion her durchaus möglich war, so etwas zu tun, und es ist oft so in der Evolution, daß Dinge die möglich sind, daß damit auch im Sinne der Evolution experimentiert wird. Wenn sich Vorteile einstellen, dann wirken sich solche Änderungen günstig aus und werden beibehalten.
Und Vorteile gab es dann tatsächlich, als durch einen Klimawandel der Wald im Osten Afrikas zurückging. Nicht nur der erhöhte Ausblick, auch die Möglichkeit, etwas zu tragen, brachte Vorteile. Und im offenen, sonnig-heißem Gelände war die Wärmeabstrahlung beim aufrechten Gang günstiger als auf allen Vieren.
Weitere Funde in Äthiopien brachten die Forscher noch näher an den letzten gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Affe heran. Ebenfalls 1994 tauchten die Überreste eines Hominiden auf, der vor etwa 4,4 Millionen Jahren gelebt haben dürfte. Seine Skelettmerkmale lassen keinen Zweifel daran, daß auch er bereits aufrecht gehen konnte, sie zeigten aber noch so viele ursprüngliche, affenähnliche Merkmale, daß die Paläoanthropologen ihn nicht zu den Australopithecinen zählen mochten. Sie eröffneten daher doch wieder eine neue Gattung für dieses Wesen: Ardepithecus ramidus, der "ursprüngliche Bodenaffe", scheint dem letzten gemeinsamen Vorfahren schon recht nahe zu sein.
Friedemann Schrenk:
da ist die Frage: was ist das eigentlich für ein Wesen. Manche Leute sagen das sind Hominiden, also schon auf der Hominidenlinie. Aber ich halte es genauso gut für möglich, daß das Formen sind, die eben auch auf der Schimpansenlinie sind, aber auch schon vor 4,5 Mio Jahre, daß aber einfach die Unterschiede zu dieser Zeit, je weiter man zurückgeht natürlich, je weiter man diesem gemeinsamem Ursprung kommt, die Unterschiede so gering werden, daß man das einfach nicht mehr richtig entscheiden kann. Sehr seltsam ist, daß man aus dieser Phase keine fossilen Menschenaffen hat, sondern alles was man beschreibt, sind immer fossile Hominiden. Das mag damit zusammenhängen, daß wir selber Menschen sind. Und es kann durchaus sein, wenn die Schimpansen nun ein größeres Gehirn entwickelt hätten, und einen Ardipithecus finden würden, daß sie den durchaus als ihren eigenen Vorfahren interpretieren würden, das ist gar nicht so einfach.
Vielleicht also sollten wir froh sein, daß alle unsere Vorfahren ausgestorben sind; wir hätten vermutlich große Entscheidungsschwierigkeiten, welche unserer Ahnen wir in den Zoo sperren und welche wir frei herumlaufen lassen sollten.
Die Taxonomie nämlich, die Einteilung in Gattungen und Arten, ist schon bei lebenden Tieren und Pflanzen eine Wissenschaft für sich - umso schwieriger wird es, wenn nur wenige Fragmente vorliegen. Die einzelen Hominidenarten unterscheiden sich häufig nur durch wenige Merkmale: Anzahl der Zahnwurzeln und Anordnung der Zahnreihen, Größe des Augenwulstes, Form von Stirn, Kinn oder Nase, Bau der Handknochen oder ähnliches.
Wenn Ardipithecus bereits ein Hominide war, verbirgt sich der letzte gemeinsame Vorfahre von Affe und Mensch noch in 5 bis 8 Millionen Jahre alten Sedimenten - und die sind leider auch in Afrika sehr selten. Dummerweise gilt das gleiche für Sedimente aus der Zeit, die den nächsten großen Schritt in der Evolution der Hominiden verbergen: die Entstehung der Gattung Homo - Akt zwei in der Geschichte der Menschheit
Friedemann Schrenk:
Im Gegensatz zu den Australopithecinen ist die Gattung Homo gekennzeichnet durch die Entwicklung eines größeren Gehirns, durch den Beginn der Werkzeugkultur, durch die Abnahme der Bedeutung der Backenzähne für Nahrungsverarbeitung, die werden nämlich immer kleiner und durch den dauernden aufrechten Gang, der von dem des heutigen Menschen nicht mehr unterschieden werden kann. Das sind also die Hauptmerkmale.
Und man muß sich nun fragen: an welchem Punkt läßt man nun die Gattung Homo entstehen. Aber das kann man eigentlich nur beantworten, wenn man sich selbst darüber klar wird, was für einen eigentlich selber heute die Kennzeichen des Menschen sind. Es gibt Kollegen, die sagen, wenn Kunst und Musik entstehen, also Felszeichnungen und so weiter, vor 30 000 Jahren oder vielleicht auch 100000 Jahren, dann haben wir es mit dem Menschen zu tun, erst dann ist ein solches Lebewesen ein Mensch, also wenn`s um die Frage geht, um das andere Extrembeispiel zu nennen, das auch gebracht wird: uns zeichnet der aufrechte Gang aus - ja, dann ist der Beginn des Menschen vor 5 Millionen Jahren anzusetzen. Und dazwischen drin gibt`s sozusagen alles, man kann überall irgendwo den Mensch ... beginnen lassen.
Die Suche nach dem Humanum, nach dem Kennzeichen, das den Menschen vom Tier unterscheidet, hat in Philosophie und Biologie stets eine große Rolle gespielt.
Ist es der Werkzeuggebrauch, das Beherrschen des Feuers, Sprache und Kultur, sein Sozialverhalten, sein relativ großes Gehirn? Je weiter die Verhaltens- und Hominidenforschung gedieh, desto größer wurde die Ernüchterung.
Friedemann Schrenk:
.. also wenn man sich diese Faktoren alle anschaut stellt man fest: es gibt eigentlich keinen einzigen Faktor, der den Mensch ausmacht, der nicht irgendwo Wurzeln hat im Primatenreich. Das heißt, jetzt hätte man natürlich gerne einen Punkt, wo alle diese Faktoren praktisch mit einem Schlag gemeinsam explodieren und dann ist plötzlich der Mensch da, und dann würde man sagen: hier fängt er an. So - und diesen Punkt gibt es nicht. Was passiert ist, daß sich die verschiedenen Faktoren asynchron, also nicht miteinander gekoppelt zunächst mal, entwickeln.
Wo also beginnt das "Menschliche", die Gattung Homo?
Friedemann Schrenk:
Ich hab da meine eigene Idee, weil ich eigentlich sehe, daß ein ganz wesentliches Kennzeichen des Menschen ist, heute jedenfalls, gegen die natürliche Umwelt zu leben zu können. und interessanterweise hat das ja irgendwo angefangen.
Es gibt ... einen interessanten Punkt und das ist der vor 2,5 Mio Jahren, wo nun eine bestimmte Hominidenart, und das ist nun das was ich mit dem Beginn der Gattung Homo gleichsetze, beginnt, sich aus den direkten Umweltbeziehungen abzukoppeln. Wir haben nämlich vor 2,5 Mio Jahren folgende Situation: wir haben einen drastischen Klimawechsel in Afrika. Die Vegetation wird sehr trocken, die Nahrung wird sehr hart. und dann haben wir ein Problem - nicht wir, sondern die Australopithecinen, die bis zu dem Zeitpunkt leben, haben ein Problem, nämlich, daß sie mit einer viel härteren Nahrung umgehen müssen. Und jetzt ist das interessante, daß wir jetzt nachweisen können, daß vor 2,5 Mio Jahren nicht nur dieses Umweltproblem bestand, sondern daß es für dieses Umweltproblem offensichtlich vor 2,5 Mio Jahren zwei verschiedene Lösungen gab. Das eine waren die sogenannten robusten Australopithecinen, wo der älteste Fund eben auch 2,5 Mio Jahre alt ist. Das sind Hominiden, die riesige Kaumuskelpakete entwickelt haben, riesengroße Zähne, 3mal so groß wie bei uns, und sogar ein Knochenkamm auf der Stirn, wo von beiden Seiten die Muskulatur zusammenstößt, riesige Mahlwerke hatten die, und das sind Zähne, die sind einfach dazu geeignet, um harte Nahrung, die ja da im Übermaß auftritt, und wo`s nur noch harte Nahrung gibt, weil praktisch nichts anderes mehr zur Verfügung steht, und das ist im wesentlichen Pflanzennahrung, zerkaut werden kann. Das heißt, bei den robusten Australopithecinen wird ... eine biologische Lösung ... erarbeitet für das Problem, und dies besteht in großen Zähnen und riesigen Kaumuskeln. So, das ist die eine Geschichte. Und diese robusten Australopithecinen können wir vor 2,5 Mio Jahren zum ersten Mal nachweisen...
Nun aber zur selben Zeit, gibt es den Ursprung der Gattung Homo, der ja nun ökologisch gesehen genau dasselbe Problem hatte, aber die Lösung hier, um mit diesem Umweltproblem fertigzuwerden, ist eben nicht die biologische Lösung, die die robusten Australopithecinen machen, sondern es ist die kulturelle Lösung. hier wird nämlich die Werkzeugkultur förmlich erfunden.
Zwar benutzen auch andere Hominiden Werkzeuge, nun aber werden sie gezielt hergestellt. Der Mensch wird damit unabhängig von Umwelteinflüssen, dafür aber zunehmnend abhängig von seinen Werkzeugen - ein Dilemma, mit dem er heute noch lebt.
Mit welcher Strategie - Kraft oder Geist - sich unter den härter werdenden Bedingungen besser überleben ließ, wurde von der Evolution lange nicht entschieden. Australopithecus wurde immer robuster und kräftiger, Homo immer geschickter. Über eine Million Jahre lang lebten beide mehr oder weniger friedlich nebeneinander - ehe dann doch der Geist über die rohen Kräfte siegen sollte.
Mit welcher Art sich aber die Gattung Homo, der erste Urmensch, aus dem Reich der Vormenschen erhoben hat, ist unter Paläoanthropologen umstritten.
Die gängige Theorie: Homo habilis - "der fähige Mensch" - griff vor etwa 2,5 Millionen Jahren zu den Werkzeugen und löste Australopithecus ab. Rein äußerlich dürfte sich der Urmensch zunächst nur wenig von den Vormenschen unterschieden haben; die Funde deuten allerdings auf ein größeres Gehirn - und vor allem auf den Gebrauch von Geröllwerkzeugen. Durch Abschlagen einiger Splitter von Steinen entstanden einfache Klingen oder Schaber, die eine viele effizientere Fleischbearbeitung - in der Regel Aas - ermöglichten.
Zudem sehen einige Wissenschaftler vorsichtige Hinweise, daß schon bei den ersten Urmenschen die Anfänge der Sprache zu finden sind. Innenausgüsse von Schädelknochen von Homo habilis lassen den Schluß zu, daß die beiden für die Sprache des Menschen wichtigen Gehirnzentren auf der Oberfläche der linken Gehirnhälfte, das Wernicke und das Broca-Zentrum, andeutungsweise schon vorhanden waren.
War aber vielleicht Homo habilis gar nicht der erste Mensch? Friedemann Schrenk hat am früheren Rudolfsee in Malawi das älteste Fossil eines Homo-Vertreters ausgegraben. Viele Paläoanthropologen neigen dazu das 2,5 Millionen Jahre alte Fundstück zu einer neuen Art, Homo rudolfensis, zu rechnen, die vor oder parallel zu Homo habilis gelebt hat. Weitere Belege für diese These vermuten die Forscher noch tief in den Sedimenten Afrikas.
Homo habilis und vermutlich auch Homo rudolfensis jedenfalls lebten etwa 600 Tausend Jahre; eine der beiden Arten entwickelte sich vor etwa zwei Millionen Jahren zum Homo erectus. Der war größer und hatte bereits eine menschenähnlich flache Stirn. Sein Gehirn war schon so groß wie bei einem etwa vierjährigen heutigen Menschenkind. Und wer mit vierjährigen Kindern zu tun hat, weiß, wie deren Intelligenz und Neugier schon für Unruhe sorgen können.
Und seine unruhige Neugier bewies Homo erectus durch enorme Mobilität. Homo-erectus-Funde tauchten schon im vergangenen Jahrhundert auf Java, bei Peking oder bei Heidelberg auf. Einige von ihnen sind 1,8 Millionen Jahre alt - Homo erectus muß also schon in seiner Frühzeit auf Reisen gegangen sein.
Was aber hat ihn eigentlich aus Afrika vertrieben?
Friedemann Schrenk:
Es gibt Hypothesen, die besagen, daß da vielleicht Tsetsefliegen und Krankheiten ne Rolle gespielt haben, um Wanderungen out of Africa zu erzeugen, das kann alles vielleicht lokal auch sein, aber ich denke daß es eine ganz natürliche Folge der Zunahme der Bevölkerungsdichte auch ist daß man sich weiter ausbreitet. So ne Ausbreitung - auch Wanderung - ist ja nicht etwas, wo eine Gruppe von Hominiden sich entscheidet, jetzt mal auf Wanderschaft zu gehen und jetzt mal von Nairobi nach Peking zu wandern, das ist halt ne langsame Verbreitung des Siedlungsgebietes in alle möglichen Richtungen, und die Richtungen, in die man sich verbreitet, sind natürlich die Richtungen, wo das Nahrungsangebot stimmt.
Sogenannte "Wanderungen" werden so schon plausibel, wenn die Kinder nur wenige Kilometer von ihren Eltern entfernt ihre Höhle bezogen haben, um vielleicht die Jagdgründe des nächsten Tals zu nutzen. Bei nur fünf Kilometern pro Generation ist eine Strecke von Nairobi nach Peking in nur 50 Tausend Jahren überwunden - geologisch gesehen ein Augenblick.
Die Werkzeugkultur entwickelte sich dabei zunächst nur schleppend weiter. Erst vor etwa 1,5 Mio Jahren - fast eine Million Jahre nach dem Beginn der systematischen Herstellung von Geröllwerkzeugen - zeugen die Funde von einer neuen Qualität. Viel differenziertere Werkzeuge werden nun hergestellt - und zwar nicht nur adhoc, sondern auch für zukünftigen Gebrauch. Zumindest der späte Homo erectus muß also schon ein Gefühl für Vergangenheit und Zukunft gehabt haben. Und zur Weitergabe differenzierter Information hatte er vermutlich auch schon eine funktionierende , wenn auch nicht typisch menschliche Sprache.
Und vor allem zeigen viele Funde, daß Homo erectus das Feuer zu beherrschen lernte: als Wärmequelle, als Verteidigung gegen wilde Tiere und vor allem zum Erhitzen von Nahrung, die dadurch besser lagerfähig und physiologisch besser nutzbar wurde. Das Gehirn wuchs während dieser Entwicklung deutlich -von etwa 650 Kubikzentimetern beim Homo habilis auf bis zu 1200 ccm.
Friedemann Schrenk:
Das Hirnwachstum beim Menschen wird oft interpretiert als Zunahme im Großhirn. Wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, das ist es gar nicht nur. Es ist vor allem eine Zunahme im Kleinhirnbereich. Das Kleinhirn schiebt sich nach unten und wird sehr viel größer, und das Kleinhirn ist sozusagen der Bordcomputer beim Menschen, wo sehr viel Steuerung gemacht wird. Und zunächst mal ist die Zunahme der Gehirngröße abhängig von den zusätzlichen Anforderungen an die Steuerung, auch an die manuelle Steuerung, die beim Werkzeuggebrauch anfallen. Später ist auch das Gehirnwachstum einem Rückkopplungsprozeß unterworfen, die auch die Entwicklung in der Sprache zum Beispiel und in der Verarbeitung der Sprache einschließt, und ich meine daß das Gehirnwachstum eine Folge ist von verschiedenen Entwicklungen, die einfach dazu führen, das einfach ein besserer Zentralcomputer notwendig wird....
Ab welcher "Rechenleistung" dieser "Zentralcomputer" so etwas wie Bewußtsein hervorgebracht hat, ab wann unsere Vorfahren begannen über sich selbst und die eigene Herkunft nachzudenken - die Fossilien werden wohl immer darüber schweigen.
Vor 400 000 Jahren erreichte Homo erectus in Afrika, Asien und Europa den Höhepunkt seiner evolutionären Karriere.
Friedemann Schrenk:
Nun entwickelt sich die Gattung Homo auf den verschiedenen Kontinenten weiter, wenn man das so will. Also in Afrika entsteht nun ein Homo erectus, der nun für Afrika charakteristisch ist, in Asien gibt`s den typischen asiatischen Homo erectus ... und in Europa entsteht da der Homo heidelbergensis (früher erectus heidelber...) .. und in Europa, wo sich ja das Klima ebenfalls zu veändern beginnt, mit den Eiszeiten, entsteht dann aus diesen Heidelberger Typen, wollen wir sie mal nennen, die Neandertaler.
Und während dann in Europa der Neandertaler entsteht und dort dann seinen Höhepunkt hat vor ungefähr 100 000 oder 80000 Jahren, während der Zeit ist in Afrika bereits der moderne Mensch entstanden.
Was Friedemann Schrenk hier mit wenigen Worten umreißt, kennzeichnet den dritten Akt, das große Finale in der Geschichte der Menschheit - und gleichzeitig den jüngsten Streit in der Paläoanthropologie: Wie entstand aus dem Urmenschen Homo erectus, der bereits nahezu weltweit verbreitet war, Homo sapiens, der moderne Mensch? Ist auch er, wie die Vor- und Urmenschen, auf dem schwarzen Kontinent entstanden, um von dort, out of Africa sozusagen, den Planeten endgültig zu erobern? Oder hat sich der "weise Mensch" mehrfach und unabhängig an verschiedenen Stellen der Welt aus den dortigen Homo erectus Populationen entwickelt?
Nach erbitterten wissenschaftlichen Auseinandersetzungen in den letzten Jahren vertreten inzwischen die meisten Paläontologen die Out-of-Africa Hypothese.
Friedemann Schrenk:
Die Untersuchungen jetzt an modernen Homo sapiens Funden in Afrika zeigen jetzt, daß Homo sapiens sapiens in der heutigen Form seit 120 wenn nicht 130000 Jahren existiert - und zwar nicht in Europa, sondern in Afrika.
Für Friedemann Schrenk läßt allein schon die Fundlage keine Zweifel daran. Die ältesten Funde von Homo sapiens - daran lassen auch modernste Datierungsmethoden keinen Zweifel - finden sich nun mal in Afrika.
Ein weiteres Argument für einen Out of Africa Ursprung des modernen Menschen kam wieder einmal von den Genetikern, und wieder war es Alan Wilson, der sich in die Anthropologie einmischte. Hatte er früher die Proteine heute lebender Menschen verglichen, um den letzten gemeinsamen Vorfahren von Affe und Mensch einzukreisen, ging er 1987 einen Schritt weiter. Er verglich die Gene heute lebender Menschen - allerdings nicht die im Zellkern, sondern die in den Mitochondrien, kleinen Zellorganellen, die bei der Befruchtung nur aus der mütterlichen Eizelle stammen. Aufgrund der genetischen Veränderungen glaubt er, alle Menschen auf eine gemeinsame Urmutter zurückführen zu können, die vor etwa 200000 Jahren in Afrika gelebt haben muß, wo heute noch die größte genetische Vielfalt herrscht.
Und auch Sprachwissenschaftler unterstützen die Out of Africa Hypothese. Sie verfolgten, wie sich über die Jahrtausende Worte und Laute verändert haben könnten. Der Stammbaum der menschlichen Sprachen führt ebenfalls nach Afrika.
Nicht nur die Vormenschen, die Australopithecinen, und die Urmenschen vom Typ Homo erectus und habilis sind auf dem schwarzen Kontinent entstanden, sondern mit größter Wahrscheinlichkeit auch der moderne Mensch. Von hier startete er vor knapp 100 Tausend Jahren seinen Siegeszug um die Welt. Vor 80 Tausend Jahren erreichte er den Nahen Osten, vor 40 Tausend Jahren China und Borneo. Vor mindestens 30 Tausend Jahren hatte er bereits Australien und, über die Beringstraße, den amerikanischen Kontinent erreicht. Zur gleichen Zeit fand er endlich auch den Weg nach Europa, wo es ihm vermutlich zuvor eizeitbedingt schlicht zu kalt gewesen ist.
Kaum ist dieses Erklärungsmodell einigermaßen etabliert, gibt es schon wieder Unruhe unter den Paläoanthropologen. Ende 1996 datierten Forscher Felszeichnungen und Steinwerkzeuge, die im Nordwesten Australiens gefunden wurden, auf über 100 Tausend Jahre. Ohne Frage stammen sie von Homo sapiens - der nach dem gängigen Erklärungsmodell zu dieser Zeit in Afrika erst im Entstehen begriffen war.
Die Anhänger der Multi-Ursprungs-Hypothese des Menschen werteten dies als Beleg ihrer Theorie - scheinen sich aber zu früh gefreut zu haben. Ein soeben publizierter weiterer Fund spricht wiederum für einen Auszug aus Afrika - macht den Homo sapiens allerdings auch deutlich älter, als man bisher glaubte. Der Hamburger Paläoanthropologe Günter Bräuer stieß am Turkanasee im Norden Kenias auf den Schädel eines Menschen, dessen Alter auf 270 bis 300 Tausend Jahre datiert wurde. Zwar scheint es sich noch nicht um den Schädel des heutigen, modernen Menschen zu handeln, allerdings erinnern auch nur noch seine wulstigen Augenbrauen an die Urmenschen vom Erectus-Typ. Bräuer folgert aus diesen Funden, daß sich Homo erectus nicht erst vor etwa 150 Tausend, sondern schon vor 500 bis 700 Tausend Jahren zu einem archaischen Homo sapiens gemausert haben könnte. Nach diesem Erklärungsmodell hätte der dann auch ohne Schwierigkeiten bereits vor 100 Tausend Jahren Australien erreicht haben können. Ein einzelner neuer Fund kann also auch heute noch etablierte Erklärungsmodelle ins Wanken bringen.
Ob vor 300 Tausend oder 100 Tausend Jahren: auf seinem Weg out of Africa folgte Homo sapiens exakt der Route, die Jahrmillionen zuvor schon sein Vorgänger Homo erectus genommen hatte. Und wie sich mehr und mehr bestätigt: er traf ihn an verschiedenen Stellen auch noch an - bei bester genetischer Gesundheit. Eine Neudatierung ermittelte Anfang 1997 für Homo-erectus-Fossilien aus Java ein Alter von nur etwa 27 Tausend Jahren. Der Urmensch scheint in Asien also eine wahre Erfolgsstory geschrieben zu haben, da auch 1,8 Millionen Jahre alte Fossilien aus diesem Gebiet bekannt sind. Und noch überraschender: viele Jahrzehntausende muß er dort gemeinsam mit Homo sapiens verbracht haben.
Der moderne Mensch traf bei seinem Auszug aus Afrika allerdings nicht erst in Java auf einen seiner Vorfahren, sondern schon im Nahen Osten.
Friedemann Schrenk:
.. in Israel sind Fundstellen bekannt, wo nachzuweisen ist, daß 50000 Jahre lang die Neandertaler, die aus Europa kamen, und der moderne Mensch, der aus Afrika kam, daß die 50000 Jahre lang nebeneinander gelebt haben.
Nach der derzeit wahrscheinlichsten Theorie entstand der Neandertaler - im kalten, eizeitlichen Europa aus dem dortigen Homo erectus Typ, dem Heidelberg-Menschen, und entwickelte eine hochstehende Kultur - mit Alten- und Krankenpflege, Totenbestattungen und einer vermutlich voll entwickelten Sprache. Vom Norden zog er bis in den Nahen Osten, wo er auf seinen dunkelhäutigen "Vetter" traf, der gerade auf seinem Weg out of Africa war.
Aber warum mußte der Neandertaler - trotz hochstehender Kultur - aus der Weltgeschichte verschwinden?
Friedemann Schrenk:
...die Neandertaler, die in Europa gelebt haben, die sind förmlich verdrängt worden, aber es war keine aggressive Verdrängung, da gab`s kein Mord und Totschlag, keine eingeschlagenen Schädel, sondern es waren einfach verschiedene Menschentypen, die auch verschiedene Lebensformen hatten. Die Neandertaler waren an die Kälte des Nordens angepaßt und hatten natürlich auch ein paar biologische Probleme - zum Beispiel eine relativ hohe Kindersterblichkeit, die natürlich dann im Lauf der Zeit ganz natürlich dazu führt, daß Homo sapiens eben sehr viel mehr Nachkommen produziert, und man hat auch den Eindruck, daß die Neandertaler dann im Laufe der Zeit an den Rand ihres Verbreitungsgebiets abgedrängt wurden. Auch dann durch noch modernere Techniken, die Homo sapiens sapiens mitgebracht hat, das war wie sone Art Verdrängungswettbewerb..
Demographische Computermodelle zeigen, daß schon eine nur um zwei Prozent bessere Überlebensrate des Homo sapiens ausgereicht hätte, den Neandertaler innerhalb von nur 5000 Jahren zu verdrängen.
Erst jetzt wurde Homo sapiens sapiens zum Alleinherrscher über die Welt.
Jahrmillionen hatte es gedauert, bis sich bei unseren äffischen Vorfahren der aufrechte Gang ausbildete, weitere zwei Millionen, in denen das Gehirn auf seine heutige Größe wuchs - aber nur wenige 10 Tausend Jahre, um Kunst und Kultur, Musik, Handel und Mythologie hervorzubringen - übrigens bei nicht mehr wachsendem Gehirn. Die ersten Höhlenzeichnungen - in der Grotte Chauvet - entstanden vor etwa 30 Tausend Jahren - ein Zeitpunkt, an dem die menschliche Kreativität förmlich zu explodieren schien. Nach einer schlüssigen Erklärung dafür suchen die Anthropologen bis heute - in den Fossilien werden sie sie wohl nie finden.
Und so bleibt sich auch Friedemann Schrenk - bei aller Schlüssigkeit seiner Hypothesen - stets der grundsätzlichen Beschränkungen seiner Wissenschaft bewußt.
Friedemann Schrenk: Schlußwort
Also - das hat alles mit Wahrscheinlichkeiten zu tun, mit Unwahrscheinlichkeiten, ich will ganz klar sagen, wir können nichts beweisen, es gibt nichts zu beweisen in diesem historischen Zusammenhang. Die Paläoanthropologie ist eine historische Wissenschaft, und wir haben aber keine Inschriften, keine Urkunden, wo Menschen uns was mitgeteilt haben, sondern wir haben Fragmente, die müssen wir interpretieren. Und die Interpretationen, die wir liefern, die sind abhängig, vom wissenschaftlichen Weltbild, vom kulturellen Weltbild, vom ideologischen Weltbild, vom religiösen Weltbild, und die ändern sich. Und insofern gibt es da kein richtig oder falsch, es gibt ein wahrscheinlich und ein unwahrscheinlich, es gibt eine Hypothese, die wahrscheinlicher ist als eine ältere, aber letzte Wahrheiten werden wir da nicht bekommen.
Basierend auf einem Mitschnitt einer Sendung des SWR
mit freundlicher Genehmigung des SWR